Der Begriff „Multi-Site“ ist ein Ausdruck für die Abbildung von Geschäftsprozessen einer Unternehmensgruppe innerhalb einer Datenbank. Alle Stamm- und Bewegungsdaten werden innerhalb einer gemeinsamen, zentralen Datenbasis geführt und erlauben die Steuerung standortübergreifender Prozesse zwischen den Unternehmen einer Unternehmensgruppe.
Unerheblich ist, ob die Unternehmensbestandteile der Gruppe rechtlich eigenständige Organisationen sind oder nicht. Die unterschiedlichen Organisationen können sich in unterschiedlichen Ländern befinden und somit unterschiedlichen Jurisdiktionen und Zeitzonen unterliegen.
Für die Aufgabengebiete „Vertrieb“, „Beschaffung“ und „Logistik“ (inkl. Produktion) wird jeweils eine separate Abbildung der Organisationsstrukturen ermöglicht. Mit dieser Architektur kann Comarch ERP Enterprise sowohl in kleinen und mittelständischen Unternehmen mit einem Standort („Single-Site“) oder mehreren Standorten und „Töchtern“ („Multi-Site“) als auch in international verteilten Unternehmen (Konzern, Holding) mit komplexer Struktur und rechtlich eigenständigen Gesellschaften zum Einsatz kommen.
In diesem Dokument wird ein Überblick über die Multi-Site-Organisations- und -Datenstrukturen gegeben. Sie erhalten Beispiele für den Einsatz in verschiedenen Organisationsstrukturen und Hinweise für die notwendigen Vorgehensweisen zur Einrichtung eines Multi-Site-Systems. In einem Multi-Site-System werden viele Anwendungen um Felder und Funktionen ergänzt oder weitere Anwendungen werden einem Framework hinzugefügt. Deshalb wird an einigen Stellen auf die weiterführende Dokumentation verwiesen.
1 Begriffsbestimmung
Beschaffungsorganisation
Als Beschaffungsorganisation wird eine Organisation bezeichnet, die in die Organisationsstruktur „Beschaffung“ eingeordnet ist und somit einen Knoten dieser Organisationsstruktur darstellt.
Firma
In Bezug auf Organisationen wird innerhalb der Organisationsstruktur für das Rechnungswesen eine zugeordnete Organisation als Firma bezeichnet. Eine Firma ist eine juristische Person, die separat bilanziert wird. In der Anwendung „Customizing“ wird festgelegt, zu welcher Firma im Rechnungswesen die von der OLTP-Datenbank übertragenen Datensätze gehören. In der Finanzbuchhaltung können beliebig viele Firmen in einer Datenbank geführt werden.
Inhaltsbezogene Berechtigungen (IHB)
Inhaltsbezogene Berechtigungen sind Berechtigungen für interne und externe Partner. Mit inhaltsbezogenen Berechtigungen wird der Lese- und Schreibzugriff auf Daten und die Nutzung von Funktionen gesteuert. Ermittelt werden sie auf Basis der zugeordneten Organisationen.
Interne Verrechnungen
Interne Verrechnungen werden die Verrechnungen von Geschäftsvorfällen zwischen Organisationen einer Unternehmensgruppe genannt. Die Verrechnungen zwischen den Organisationen erfolgen auf Basis unterschiedlich zugeordneter Firmen im Rechnungswesen.
Lagerlogistikorganisation
Als Lagerlogistikorganisation wird eine Organisation bezeichnet, die in die Organisationsstruktur „Lagerlogistik“ eingeordnet ist und somit einen Knoten dieser Organisationsstruktur darstellt.
<begin com.cisag.app.terminus.000680 34 40 2 de>Der Begriff „Multi-Site“ drückt die Abbildung von Geschäftsprozessen einer Unternehmensgruppe innerhalb einer OLTP-Datenbank aus. Beim Abbilden der Geschäftsprozesse und der zugehörigen Organisationen ist unerheblich, ob die einzelnen beteiligten Organisationen dieser Gruppe rechtlich eigenständige Organisationen sind oder nicht. Die Organisationen können sich auch in unterschiedlichen Ländern befinden und somit unterschiedlichen Jurisdiktionen und Zeitzonen unterliegen.
Die Funktion „Multi-Site“ bietet die gemeinsame Nutzung von Stammdaten innerhalb einer Unternehmensgruppe und die Abwicklung organisationsübergreifender Geschäftsprozesse. Dazu sind Organisationsstrukturen für die Aufgabengebiete Beschaffung, Lagerlogistik, Rechnungswesen und Vertrieb aufzubauen. In diesen Strukturen spiegelt sich im Wesentlichen der Ablauf in einer Unternehmensgruppe wider sowie ihr Aufbau.
Organisationen
Eine Organisation ist ein Partnertyp, mit dem beispielsweise Unternehmen, Niederlassungen, Abteilungen etc. erfasst werden. Für die Erfassung von Personen besteht ein eigener Partnertyp. Außerdem kann eine Organisation Teil einer Organisationsstruktur in den Aufgabengebieten „Beschaffung“, „Lagerlogistik“, „Rechnungswesen“ oder „Vertrieb“ sein. Als Bestandteil einer solchen Organisationstruktur wird die Organisation entsprechend des Aufgabengebietes auch Beschaffungs-, Logistik- oder Vertriebsorganisation oder Firma im Rechnungswesen genannt.
Organisationsstrukturen
<begin com.cisag.app.terminus.000306 34 40 2 de>Eine Organisationsstruktur spiegelt im Wesentlichen die Ablauforganisation in einer Unternehmensgruppe wider. Auch der Aufbau wird teilweise abgebildet. Für die Nutzung inhaltsbezogener Berechtigungen und die Abbildung von Geschäftsprozessen einer Unternehmensgruppe werden Organisationsstrukturen benötigt, die für folgende Aufgabengebiete aufgebaut werden können:
- Beschaffung
- Lagerlogistik
- Rechnungswesen
- Vertrieb<end com.cisag.app.terminus.000306 34 40 2 de>
Single-Site
Der Begriff „Single-Site“ beschreibt eine Umgebung, in der nur der Mandant als rechtlich eigenständiges Unternehmen abgebildet wird. Dieses Unternehmen ist für die Organisationsstrukturen sowohl Beschaffungs-, Logistik- und Vertriebsorganisation als auch Firma im Rahmen des Rechnungswesens. Bei aktivierten „Inhaltsbezogenen Berechtigungen“ können in einer Single-Site-Umgebung den Organisationsstrukturen mehrere Organisationen, die Teil des Unternehmens sind, wie z. B. Niederlassungen, Abteilungen etc., zugeordnet werden.
Standorte
Ein Standort ist eine ausgezeichnete Lagerlogistikorganisation. In der Organisationsstruktur „Lagerlogistik“ ist ein Standort der Knoten, dem Lagerorte zugeordnet werden können. Innerhalb eines Strukturpfades besteht stets nur ein Standort. Das bedeutet: Weder überhalb noch unterhalb des Standortes darf ein weiterer Standort existieren. Durch den Standort wird die zuständige Firma für die Lagerorte festgelegt. Sowohl die Produktion als auch die Lagerlogistik beziehen sich immer auf einen Standort.
Vertriebsorganisation
Als Vertriebsorganisation wird eine Organisation bezeichnet, die in die Organisationsstruktur „Vertrieb“ eingeordnet ist und somit einen Knoten dieser Organisationsstruktur darstellt.
2 Organisationsstrukturen
Für jedes der folgenden Aufgabengebiete wird eine separate Abbildung der jeweiligen Organisationsstruktur einer Unternehmensgruppe unterstützt:
- Beschaffung
- Lagerlogistik (inkl. Produktion)
- Vertrieb
- Rechnungswesen
Für die Aufgabengebiete „Beschaffung“, „Lagerlogistik“ und „Vertrieb“ kann jeweils eine Hierarchie beliebiger Struktur und Tiefe abgebildet werden. Im Rechnungswesen werden die Firmen nicht hierarchisch strukturiert, sondern nebeneinander geführt.
In der Anwendung „Organisationen“ werden für die jeweiligen Aufgabengebiete die Organisationsstrukturen aufgebaut. Dazu können Partner vom Typ „Organisation“ genutzt werden. Wurde ein Partner einem Aufgabengebiet zugeordnet, dann stellt er einen Knoten in der jeweiligen Organisationsstruktur dar. Durch diese Zuordnung ist er in die Organisationsstruktur des jeweiligen Aufgabengebiets eingebunden.
Dieselbe Organisation kann in jedem Aufgabengebiet parallel als Knoten vorkommen, jedoch pro Aufgabengebiet höchstens einmal.
Wird eine Organisation als Knoten in der Organisationsstruktur „Vertrieb“ verwendet, dann wird sie als Vertriebsorganisation bezeichnet. Gleichermaßen wird eine Organisation zu einer Beschaffungs- bzw. Lagerlogistikorganisation.
Beispiel:
Der interne Partner „Kauftreu GmbH“ vom Partnertyp „Organisation“ ist im Aufgabengebiet „Rechnungswesen“ einer Firma zugeordnet und stellt somit eine eigene juristische Person dar. Er wird in der Rechnungswesenorganisationsstruktur als „Firma“ betitelt. Daneben ist derselbe Partner in der Organisationsstruktur „Lagerlogistik“ als Standort eingebunden und somit wird er innerhalb dieser Struktur als „Lagerlogistikorganisation“ bezeichnet.
In den Organisationsstrukturen spiegeln sich sowohl organisatorische als auch prozessrelevante Zuordnungen wider, sodass neben einer Aufbauorganisation auch eine Ablauforganisation eines Unternehmens abgebildet wird.
Hinweis:
Nicht operativ tätige Knoten der Organisationsstrukturen können als Verdichtungskriterien für konsolidierte Auswertungen und z. B. Bestands- und Verfügbarkeitsabfragen herangezogen werden.
2.1 Lagerlogistikorganisationsstruktur
Die Lagerlogistikorganisationsstruktur dient dem Abbilden der real bestehenden Standorte für Lager und Produktion. Dabei kann die geografische Lage der Standorte geeignet berücksichtigt werden, sodass z. B. neben Abteilungen und Orten auch Regionen und Länder abgebildet werden können. Dementsprechend werden spezifische Abfragen und Auswertungen ermöglicht.
Aufbau
Die oberste Ebene, also die Wurzel, einer Lagerlogistikorganisationsstruktur ist stets die Unternehmensgruppe (z. B. Konzern). Darauf folgen beliebige Strukturebenen, um beispielsweise Standorte, Lagerorte, Abteilungen oder Gruppen abzubilden.
Bitte beachten Sie:
- Innerhalb eines Strukturpfades zwischen Wurzel und Blatt, ist genau ein Knoten als „Standort“ zu kennzeichnen.
- Einem Standort wird genau eine Firma zugeordnet. Eine Firma kann im Unterschied dazu beliebig vielen Knoten einer Struktur zugeordnet werden.
- Nur den Standorten können Lagerorte zugewiesen werden.
- Der Standort ist auch die Ebene, in welcher der Produktionslagerort eingeordnet wird. Der Standort ist also „Eigentümer“ der Produktion.
Die Lagerorte können Bestände verschiedener Bestandseigentümer und damit sogar unterschiedlicher Firmen aufnehmen, da für die Bestandsführung der jeweilige Eigentümer der Artikel vermerkt wird. So ist beispielsweise eine zentrale Beschaffung mit anschließender Verteilung auf mehrere Standorte abbildbar.
Details
Die oberste Organisation der Lagerlogistikorganisationsstruktur ist der Mandant. Jeder Standort muss einen eindeutigen Pfad aufweisen. Auf einem Pfad darf nur exakt ein Standort vorkommen.
Gemeinsam genutzte Daten der relevanten Business Entitys stammen immer vom Mandanten. Nur Standorte dürfen für die relevanten Business Entitys eigene Daten führen.
Jeder Lagerlogistikorganisation ist eine Firma zuzuordnen.
Hinweis zur Produktion:
Die Produktion findet immer auf Standortebene statt. Auf dieser Ebene werden die Stammdaten gespeichert, wie z. B. Produktionspläne und, wenn dort Abgangslagerorte erfasst wurden, auch Stücklisten. Arbeitsgänge und Ressourcen sind ebenfalls immer einem Standort zugeordnet.
Hinweis zu Lagerorten:
Jedem Lagerort muss ein Standort zugewiesen werden. Bestände eines Standortes sind eindeutig einem Bestandseigentümer zugeordnet.
Hinweis zu Artikel-Stammdaten:
Lagerlogistikorganisationen dürfen eigene Artikel-Stammdaten führen, auch jene, die keine Standorte sind. Beachten Sie, dass nur Standorte in Lagerlogistikprozessen verwendet werden, da auf dieser Ebene der Bestand geführt wird.
2.2 Beschaffungsorganisationsstruktur
Die Beschaffungsorganisationsstruktur orientiert sich nach den Beschaffungsstrategien der Unternehmensgruppe. Dabei können unterschiedlichste Perspektiven in der Hierarchiebildung berücksichtigt werden.
Aufbau
Die Wurzel ist stets die Unternehmensgruppe (Konzern). Die darauf folgenden Strukturebenen sind beliebig gestaltbar. Ein Knoten dieser Struktur kann für einen oder für mehrere Standorte aus der Lagerlogistikorganisationsstruktur zuständig sein. Ist für einen Beschaffungs-Artikel an einem Standort kein Knoten aus der Beschaffungsorganisationsstruktur zugeordnet, dann kann für diesen Standort der Artikel nicht beschafft werden. Jedem Beschaffungs-Artikel, ganz gleich an welchem Standort, ist standardmäßig ein Knoten der Beschaffungsorganisationsstruktur zugeordnet. Wesentlich ist außerdem, dass jeder Knoten der Beschaffungsorganisationsstruktur einer Firma zugeordnet wird. Eine Firma kann im Unterschied dazu beliebig vielen Knoten einer Struktur zugeordnet werden.
Details
Die oberste Organisation der Beschaffungsorganisationsstruktur ist der Mandant. Pro Beschaffungs-Artikel existiert eine eindeutige Zuordnung zu einer Beschaffungsorganisation. Nur dann kann dieser Artikel von der Beschaffungsorganisation beschafft werden.
Jeder Beschaffungsorganisation ist eine Firma zuzuordnen.
Die Information zur Beschaffungsorganisation wird für die Statistiken ins Data Warehouse übertragen. So können Auswertungen erstellt oder eine weitgehend beliebige Konsolidierung durchgeführt werden.
2.3 Vertriebsorganisationsstruktur
Die Vertriebsorganisationsstruktur kann gemäß den Vertriebsstrukturen einer Unternehmensgruppe aufgebaut werden. Wie auch in der Beschaffungsorganisationsstruktur sind unterschiedlichste Perspektiven beim Aufbau möglich.
Aufbau
Der Aufbau ist dem der Beschaffungsorganisationsstruktur sehr ähnlich: Die Wurzel ist die Unternehmensgruppe (Konzern). Die darauf folgenden Strukturebenen sind beliebig gestaltbar. Pro Knoten der Vertriebsorganisationsstruktur kann festgelegt werden, welche Artikel vertrieben werden. So können beispielsweise auch verschiedene Knoten den gleichen Vertriebs-Artikel vertreiben.
Jedem Knoten der Vertriebsorganisationsstruktur ist eine Firma zugeordnet. Eine Firma kann im Unterschied dazu beliebig vielen Knoten einer Struktur zugeordnet werden.
Details
Die oberste Organisation der Vertriebsorganisationsstruktur ist der Mandant. Pro Vertriebs-Artikel existiert eine eindeutige Zuordnung zu einer Vertriebsorganisation. Nur dann kann dieser Artikel von der Vertriebsorganisation vertrieben werden.
Jeder Vertriebsorganisation ist eine Firma zuzuordnen.
Die Vertriebsorganisationsinformation wird für die Statistiken ins Data Warehouse übertragen. So können Auswertungen erstellt oder eine weitgehend beliebige Konsolidierung durchgeführt werden.
2.4 Rechnungswesen
Im Rechnungswesen ergibt sich der Aufbau gemäß den Anforderungen unterschiedlicher Jurisdiktionen in den unterschiedlichen Ländern. Eine Firma ist zumindest pro Land erforderlich. Alle länderspezifischen Funktionen des ERP-Systems sind an die jeweiligen Firmen gebunden. Im Rechnungswesen ist eine hierarchische Strukturierung der Firmen nicht möglich.
3 Datenspeicherung und Datenverwendung
Im Rahmen der Multi-Site-Prozesse wird speziell bei den Stammdaten unterschieden. Nachfolgend sind die Unterschiede aufgeführt, die sich im Wesentlichen in der Speicherung und der möglichen Verwendung der Daten ergeben. Dabei kann die Verwendung durch inhaltsbezogene Berechtigungen zusätzlich gesteuert werden.
3.1 Unternehmensgruppenweite Stammdaten
Unternehmensgruppenweite Stammdaten sind Stammdaten, die gemeinsam innerhalb einer Unternehmensgruppe verwendet werden und Gültigkeit haben. Unternehmensgruppenweite Stammdaten werden beispielsweise in den Anwendungen „Sprachen“, „Länder“ und „Buchungsschlüssel“ erfasst.
- Speicherung:
Die Speicherung der Daten erfolgt auf der Ebene des Mandanten.
- Verwendung:
Die Daten können von allen Organisationen verwendet werden. Inhaltsbezogene Berechtigungen sind demnach nicht festlegbar.
3.2 Stammdaten mit organisationsbezogener Verwendung
Stammdaten mit organisationsbezogener Verwendung sind Stammdaten, welche unternehmensgruppenweit Gültigkeit haben und für die zusätzlich festgelegt werden kann, welche Organisationen sie benutzen dürfen. Stammdaten mit organisationsbezogener Verwendung werden beispielsweise in den „Arten“-Anwendungen (Vertriebs-Auftragsarten, Lieferauftragsarten, Vertriebsaussichtsarten etc.) oder in den Anwendungen „Verfügbarkeitsregeln“, „Vertriebspreis-Listungen“ und „Zeitmodelle“ erfasst.
- Speicherung:
Die Speicherung der Daten erfolgt auf der Ebene des Mandanten.
- Verwendung:
- Für Organisationen kann festgelegt werden, ob inhaltsbezogene Berechtigungen ausgewertet werden sollen.
- Inhaltsbezogene Berechtigungen sind festlegbar.
Pro Organisation wird in der Anwendung „Organisationen“ festgelegt, ob inhaltsbezogene Berechtigungen für ein Business Entity verwendet werden sollen.
Ist festgelegt, dass für eine Organisation die inhaltsbezogenen Berechtigungen ausgewertet werden sollen, dann können in der zum Business Entity gehörenden Anwendung (z. B. Vertriebs-Auftragsarten) inhaltsbezogene Berechtigungen festgelegt werden. Diese Festlegungen haben Auswirkungen auf die Anwendungen, welche die Daten verwenden (z. B. Vertriebsaufträge). Durch diese Festlegungen wird gesteuert, welche Organisation welche Daten sehen oder bearbeiten darf. Über die Zuordnung eines Benutzers zu einer Organisation in den Partner-Stammdaten ist gleichermaßen festgelegt, welche Daten ein Benutzer sehen oder bearbeiten darf.
3.3 Organisationsbezogene Stammdaten
Für eine Organisation kann für bestimmte Stammdaten aus dem Rechnungswesenbereich festgelegt werden, von welcher Organisation die Daten verwendet werden sollen. Für die anderen Bereiche kann festgelegt werden, ob die Organisation eigene Stammdaten verwenden will oder die vom Mandanten nutzt. Entsprechend ist immer nur eine Organisation für die Bearbeitung dieser Stammdaten zuständig. Das betrifft jene Stammdaten, deren Identifikation um die Organisationsinformation erweitert wird. Sie werden beispielsweise in der Anwendung „Zahlungsbedingungen“ oder für die Klassifikationen erfasst.
- Speicherung:
Die Speicherung der Daten erfolgt auf der Ebene des Mandanten oder der Organisation.
- Verwendung:
Die Daten können entweder vom Mandanten oder organisationsbezogen verwendet werden. Inhaltsbezogene Berechtigungen sind nicht festlegbar.
Der Typ der Organisation, welche die Bearbeitung der Daten übernehmen darf, ist pro Anwendung festgelegt. Beispielsweise dürfen Geschäftsjahre nur von Firmen bearbeitet werden, Vertriebspreise nur von Vertriebsorganisationen. Damit ist auch vorgegeben, welchem Organisationstyp ein Benutzer zugeordnet sein muss, damit er entsprechende Daten bearbeiten kann.
In der Anwendung „Organisationen“ wird für eine Organisation festgelegt, von welcher Organisation die Stammdaten verwendet werden oder ob die Bearbeitung der Stammdaten von der Organisation selbst übernommen wird. Beachten Sie dazu die Festlegung, ob eigene Stammdaten erlaubt oder unterbunden werden. Nur wenn für eine Organisation eingestellt ist, dass eigene Stammdaten erlaubt werden, dann kann für sie ebenfalls eingestellt werden, dass sie die Bearbeitung für die betroffenen Business Entitys übernimmt.
3.4 Kombination aus unternehmensgruppenweiten und organisationsbezogenen Stammdaten
Einige Stammdaten, welche aus mehreren Entitäten bestehen, umfassen sowohl organisationsbezogene als auch unternehmensgruppenweit gültige Stammdaten. Eine Kombination aus organisationsbezogenen und unternehmensgruppenweiten Stammdaten finden Sie beispielsweise in den Anwendungen „Artikel“, „Partner“ und „Klassifikationen“.
- Speicherung:
Die Speicherung der Daten erfolgt auf der Ebene des Mandanten oder der Organisation.
- Verwendung:
- Organisationsbezogene Daten können nur von der betroffenen Organisationverwendet werden.
- Daten, die auf Mandanten-Ebene bearbeitet werden, können von allen Organisationen verwendet werden, die keine eigenen Daten haben.
3.5 Verwendung der Daten in Belegen
Belege (z. B. Vertriebsaufträge) beziehen sich in einer Multi-Site-Umgebung immer auf eine Organisation. Über die Organisation wird ermittelt, welche Daten verwendet werden dürfen. Diese Ermittlung bezieht sich z. B. auf die Verwendung möglicher Auftragsarten oder Partner- und Artikelverwendungen.
- Speicherung:
Die Speicherung der Daten erfolgt auf der Ebene der Organisation.
- Verwendung:
Die Daten werden organisationsbezogen verwendet. Mögliche inhaltsbezogene Berechtigungen wirken sich auf die Daten in den Belegen aus.
In Belegen werden verschiedene Business Entitys verwendet. In der Regel müssen diese denselben Organisationsbezug haben, damit sie verwendet werden können.
In der nachfolgenden Tabelle ist aufgeführt, welche Daten beispielhaft für einen Vertriebsauftrag erforderlich sind. Dabei ist die für den Vertriebsauftrag ausgewählte Organisation relevant. Beispielsweise muss der verwendete Auftraggeber ein Kunde der Vertriebsorganisation sein, für die der Vertriebsauftrag erfasst wird.
Partnerverwendung in einem Beleg | Notwendige Zuordnung des Partners zur internen Organisation | |
Interne Organisation | Erforderliche Partnerdaten | |
Auftraggeber | Vertriebsorganisation | Kundendaten |
Rechnungsempfänger | Vertriebsorganisation | Kundendaten
Rechnungswesendaten |
Zahlungspartner | Vertriebsorganisation | Kundendaten
Rechnungswesendaten |
Lieferempfänger | Vertriebsorganisation | Kundendaten |
Nachfolgend finden Sie eine beispielhafte Auflistung
- der weiteren Partnerverwendungen in einem Vertriebsauftrag,
- welche Organisation oder welcher Partner für die Partnerverwendung infrage kommt,
- die dafür notwendigen Partnerdaten.
Partnerverwendung | Interne Organisation oder Partner | Notwendige Partner-Stammdaten |
Rechnungssteller | Vertriebsorganisation | Basisdaten |
Firma | Firma | Basisdaten |
Lieferpartner | Lagerlogistikorganisation oder Lieferant | Basisdaten |
Bestandseigentümer | Kunde, Lieferant oder interne Organisation (Firma) | Basisdaten |
Beschaffungsorganisation | Beschaffungsorganisation | Basisdaten |
Zuständige Mitarbeiter | Benutzer | Mitarbeiterdaten |
4 Interne Mitarbeiter
Damit ein Mitarbeiter einer Unternehmensgruppe, also ein interner Mitarbeiter, für eine oder mehrere Organisationen aktiv sein kann, sind folgende Zuordnungen erforderlich:
- Ein Benutzer, der sich an das System anmeldet, muss einem Partner zugeordnet sein, der als interner Mitarbeiter erfasst wurde, z. B. mithilfe der Anwendung „Mitarbeiter“, Ansicht „Basis“, Karteireiter „Benutzerkonten“.
- Dem internen Mitarbeiter, dem ein Benutzer zugeordnet wurde, muss mindestens eine Organisation zugeordnet sein, für die er aktiv sein darf. Die Organisationen werden in den Partner-Stammdaten im Feld „Zugeordnete Organisationen“ in der Ansicht „Basis“ erfasst.
Bei der Zuordnung eines Mitarbeiters zu Organisationen werden Partnerbeziehungen vom Typ „Zugeordnete Organisation“ erzeugt. Die Beziehungen sind zeitabhängig und können somit für künftige Versionen der Mitarbeiter-Stammdaten geändert werden.
Bei der Ermittlung der für den Benutzer zulässigen Organisationen werden nur die ihm direkt zugeordneten Organisationen berücksichtigt.
5 Interne Verrechnungen
Geschäftsvorfälle zwischen Organisationen, die im Rechnungswesen unterschiedlichen Firmen zugeordnet sind, bedürfen einer unternehmensgruppen-internen Verrechnung. Sämtliche dieser internen Verrechnungen werden automatisch durchgeführt. So wird beispielsweise Folgendes automatisch verrechnet:
- Der Vertrieb eines Artikels, dessen Eigentümer aufgrund der Organisationsstruktur eine andere Firma ist.
- Die Beistellung von Materialien für eine Produktion, deren Eigentümer aufgrund der Organisationsstruktur eine andere Firma ist.
Weitere Informationen dazu finden Sie in der Dokumentation „Einführung: Interne Verrechnung“.
6 Währungen
Im ERP-System können bis zu drei Währungen als Hauswährungen angegeben werden. Eine dieser drei Währungen wird als Leitwährung gekennzeichnet.
In einer Multi-Site-Umgebung können pro Firma drei Hauswährungen verwendet werden. Eine dieser drei Währungen wird beim Mandanten angegeben und ist damit als Konzernwährung festgelegt.
Das bedeutet, dass eine der drei Hauswährungen einer Firma der Konzernwährung entsprechen muss. Die beiden weiteren Währungen können beliebig gewählt werden. Pro Firma kann wiederum eine dieser Währungen, die Konzernwährung oder eine der anderen beiden, als Leitwährung festgelegt werden.
7 Beispiele für organisatorische Hürden, die mit Multi‑Site gelöst werden können
Ein Multi-Site-System bietet unterschiedliche Möglichkeiten den Aufbau einer Unternehmensgruppe länderübergreifend abzubilden. Das unterschiedliche Steuerrecht verschiedener Länder zwingt einen Unternehmer jedoch, beim Aufbau einige Regeln zu beachten. In diesem Kapitel erläutern wir beispielhaft einige Geschäftsvorfälle, die schon beim Aufbau eines Multi-Site-Systems beachtet werden sollten. Darüber hinaus sollten immer die aktuell gültigen Vorschriften berücksichtigt werden, die einem ständigen Wandel unterliegen.
7.1 Beispiel: Niederlassung im Ausland
Eine in Deutschland ansässige Firma möchte Artikel über ein Außenlager in Österreich vertreiben. Ein Verkauf der Artikel vom Außenlager in Österreich an einen in Österreich ansässigen Kunden wird als Inlandsgeschäft bezeichnet und bedarf der Steuerabfuhr in Österreich.
Da die in Deutschland ansässige Firma nach deutschem Steuerrecht entsprechende Steuern zahlen muss, kann ein solcher Verkauf über ein Außenlager nicht stattfinden. Dazu muss innerhalb der Unternehmensgruppe eine Firma in Österreich bestehen, die in Österreich steuerrechtlich gemeldet ist und damit die steuerrechtlichen Verpflichtungen gegenüber dem österreichischen Staat übernimmt. Dann kann die deutsche Firma an die österreichische Firma die Artikel verkaufen und somit ein Exportgeschäft mit allen Konsequenzen für die Einfuhr durchführen (Einfuhrumsatzsteuer etc.). Danach können die Artikel zu den österreichischen Steuerrechtsbedingungen an Kunden verkauft werden.
7.2 Beispiel: Lieferschwellen für Importe
Einige Länder verwenden eine Warenwertobergrenze (Lieferschwelle) für Lieferungen an Privatkunden, die erst nach Überschreitung dazu führen, dass Steuern im Ausland gezahlt werden müssen. Liefert beispielsweise eine Firma aus Deutschland an ihre Privatkunden in Belgien innerhalb eines Jahres einen summierten Warenwert von über 35.000 EUR, dann führt das dazu, dass die deutsche Firma grundsätzlich in Belgien die entsprechenden Steuern abführen muss. Bleibt die deutsche Firma innerhalb eines Jahres unterhalb dieser Lieferschwelle, dann entrichtet sie die Steuern in Deutschland.
Damit die deutsche Firma die fälligen Steuern in Belgien abführen kann, muss eine eigene Firma in Belgien bestehen, die in Belgien steuerrechtlich gemeldet ist und damit die steuerrechtlichen Verpflichtungen gegenüber dem belgischen Staat übernimmt. Nur im Land ansässige Firmen können Steuern abführen. Wurden zunächst die ausländischen Kunden der deutschen Firma zugeordnet, dann müssen sie nach Überschreiten der Lieferschwelle für die deutsche Firma gesperrt und für die belgische Firma dupliziert und damit dieser zugeordnet werden.
Um diesen Aufwand zu vermeiden, sollte beim Aufbau des Multi-Site-Systems geprüft werden, ob eine Firma im entsprechenden Ausland abgebildet werden sollte. Werden häufig ausländische Lieferungen abgewickelt, dann ist unter Umständen ratsam im jeweiligen Ausland eine Firma zu gründen und Warenlieferungen zwischen den Firmen zu organisieren und intern zu verrechnen.
7.3 Beispiel: Länderüberschreitende Konsignation
Ein Konsignationsgeschäft ist dadurch geprägt, dass ein Artikel erst dann in den Bestand des Verkäufers wechselt, wenn er es an seinen Kunden verkauft.
Liefert eine in Österreich ansässige Firma an eine in Deutschland ansässige Firma ihre Artikel im Rahmen eines Konsignationsgeschäftes, dann ist die deutsche Firma für die Abwicklung der Einfuhr und damit für die Abfuhr der Steuern verantwortlich, sodass so kein Konsignationsgeschäft zustande kommen kann, denn die Artikel würden direkt in den Bestand der deutschen Firma übergehen. Ein Konsignationsgeschäft kann erst dann zustande kommen, wenn die österreichische Firma eine Firma in Deutschland gründet, sodass beide Firmen demselben Steuerrecht unterliegen: Die österreichische Firma liefert an ihre Firma in Deutschland und ist somit für die Einfuhr verantwortlich. Zwischen den deutschen Firmen kann ein Konsignationsgeschäft abgewickelt werden.
Ein Konsignationsgeschäft bedarf grundsätzlich zwei Firmen. Sind diese Firmen innerhalb eines Landes ansässig, dann unterliegen sie ausschließlich den Gesetzen innerhalb dieses Landes. Das vereinfacht die Einhaltung der Gesetze und die Bearbeitung des Geschäftsvorfalls. Das ist unabhängig davon, ob ein Lieferanten- oder ein Kunden-Konsignationsgeschäft vorliegt. Ein grenzüberschreitendes Konsignationsgeschäft ist auch möglich, bedarf aber der Berücksichtigung der Gesetze zweier Länder und muss deshalb im Einzelfall hinsichtlich der Konsequenzen geprüft werden.
8 Customizing
Die Funktion „Multi-Site“ ist in der Anwendung „Customizing“ zu aktivieren. Damit verbunden ist gleichzeitig die Aktivierung der Funktion „Inhaltsbezogene Berechtigungen“.
Hinweis:
Bevor Sie die Multi-Site-Funktion in der Anwendung „Customizing“ aktivieren oder deaktivieren, empfehlen wir, sich mit Ihrem Partner zu beraten, der ihr ERP-System betreut.
Die folgenden Einstellungen sind für Multi-Site-Prozesse relevant.
Feld/Funktion | Erläuterung |
Funktion „Basis“: Multi-Site | Über diese Einstellung wird das System auf Single-Site oder auf Multi-Site eingestellt.
Hinweis: Bevor Sie die Multi-Site-Funktion in der Anwendung „Customizing“ aktivieren oder deaktivieren, empfehlen wir, sich mit Ihrem Partner zu beraten, der ihr ERP-System betreut. |
Funktion „Basis“, Unterfunktion „Allgemein“: Hauswährung 1 | Wählen Sie die Währung aus, die Sie als Konzernwährung verwenden möchten.
Hinweis: Die Eingabe ist nur dann möglich, wenn in der Symbolleiste im Feld für die Auswahl der Organisation der Mandant ausgewählt wurde. |
Funktion „Multi-Site“: Verteilaufträge | Die Einstellungen entnehmen Sie bitte der Dokumentation „Verteilaufträge“. |
Funktion „Mehrere Bestandseigentümer“ | Die Einstellungen entnehmen Sie bitte der Dokumentation „Einführung: Lieferanten-Konsignation“. |
Hinweis:
Weitere Informationen zur Anwendung „Customizing“ finden Sie im Dokument „Customizing“.
9 Berechtigungen
In einer Multi-Site-Umgebung liegen die erforderlichen Berechtigungsfestlegungen auf der Ebene „Benutzer“ und „Organisation“. Darüber hinaus können alle Knoten bei der Vergabe von Berechtigungen berücksichtigt werden.
Hinweis:
Mit dem Aktivieren der Multi-Site-Funktion ist automatisch auch die Aktivierung der inhaltsbezogenen Berechtigungen verbunden.
Inhaltsbezogene Berechtigungen
Die inhaltsbezogenen Berechtigungen sind sowohl für die eigenen Mitarbeiter als auch für Mitarbeiter der Geschäftspartner verfügbar. Inhaltsbezogene Berechtigungen bieten die Möglichkeit, den Zugriff auf bestimmte Daten zu beschränken und Funktionen freizugeben.
Weitere Informationen finden Sie in der Dokumentation „Inhaltsbezogene Berechtigungen“.