In diesem Dokument wird die Funktion der Ausprägungsreservierung beschrieben. Eine Ausprägungsreservierung ist eine Reservierung von konkreten Ausprägungen im Rahmen der automatischen Ausprägungszuweisung. Eine Ausprägungsreservierung verhindert, dass die angegebene Menge einer konkreten Ausprägung anderen Prozessen durch eine automatische Ausprägungszuweisung zugewiesen werden kann. Diese Funktion ist insbesondere immer dann aktiv, wenn die Customizing-Funktion „Reservierungen“ nicht aktiviert ist. Sie wird aber auch dann ausgeführt, wenn trotz aktivierter Reservierungsfunktion eine Reservierung verhindert wird.
Nachfolgend erhalten Sie Informationen über die Unterschiede zwischen der Ausprägungsreservierung und der Reservierungsfunktion und erfahren, welche Rolle der Ausprägungstyp bei der Ausprägungsreservierung spielt. Außerdem werden die wichtigsten Prozesse beschrieben, die zur Ausprägungsreservierung führen können.
1 Begriffsbestimmung
Ausprägungen
Eine Ausprägung identifiziert einen konkreten Artikel. So wird z. B. ein Fernseher neben der Artikelnummer auch durch die Ausprägung „Seriennummer“ identifiziert und damit einmalig. Die Ausprägungen Charge, Los und Seriennummer werden unterstützt.
Ausprägungsreservierung
Mit einer Ausprägungsreservierung wird eine konkrete Ausprägung (Charge, Los oder Seriennummer mit Bestandsführung) so gekennzeichnet, dass sie von einer weiteren Ausprägungszuweisung ausgeschlossen ist. Wird beispielsweise in einer Kommission eine bestimmte Seriennummer zurückgemeldet, ein Los bei der automatischen Ausprägungszuweisung zugewiesen oder in einem Vertriebsauftrag eine bestimmte Charge angegeben, dann werden mit einer Ausprägungsreservierung die entsprechenden Ausprägungsmengen reserviert, sodass diese für weitere Ausprägungsreservierungen nicht mehr zur Verfügung stehen.
Ausprägungszuweisungen
Wenn ein Artikel in Ausprägungen geführt wird, dann müssen beim Kommissionieren oder beim Liefern Ausprägungen zugewiesen werden. Hat der Benutzer keine Ausprägungen vorgegeben, dann erfolgt die Zuweisung automatisch.
Qualitätssicherungs-Status (QS-Status)
Für die Ebenen Lagerort und Lagerzone – und parallel dazu auch für die Ebene der Ausprägung – kann ein QS-Status definiert werden. Die jeweiligen Bestände können gezielt nach den möglichen QS-Status ausgewertet und verwendet werden. Beim Zusammentreffen von QS-Status auf Lagerebene und QS-Status auf Ebene der Ausprägung gilt jeweils der ungünstigere QS-Status.
2 Ausprägungsreservierungen
Ausprägungsreservierungen werden dann geführt, wenn die Customizing-Funktion „Reservierungen“ generell nicht aktiv ist oder Reservierungen in einem konkreten Kontext nicht ausgeführt werden.
Durch die Ausprägungsreservierung wird die Menge an geplanten Abgängen von Ausprägungen an einem bestimmten Lagerort festgehalten. Die Ausprägungsreservierung bewirkt, dass eine bestimmte Ausprägung nur bis zur vorhandenen Bestandsmenge an einem bestimmten Lagerort kommissioniert bzw. ausgelagert werden kann. Eine Ausprägung wird nur dann reserviert, wenn es sich um einen Abgang vom Lagerort handelt. Weder Einlagerungen noch Lagerort-interne Umlagerungen von Artikeln, die in Ausprägungen geführt werden, resultieren in Ausprägungsreservierungen.
Im Gegensatz zu Reservierungen, enthalten Ausprägungsreservierungen keine Bedarfsdaten und somit keinerlei Informationen über den Reservierungsverursacher. Das ist einer der wichtigsten Unterschiede zu Reservierungen. Eine Ausnahme bilden Artikel, die in Seriennummern geführt werden. Wird eine konkrete Seriennummer reserviert, dann wird der Reservierungsverursacher direkt auf der Seriennummer vermerkt.
2.1 Entstehung der Ausprägungsreservierungen
Ausprägungsreservierungen entstehen infolge der automatischen Ausprägungszuweisung oder durch die manuelle Angabe einer konkreten Ausprägung in einer Belegposition, wenn die Customizing-Funktion „Reservierungen“ nicht aktiviert ist. Solange die Ausprägungsreservierung besteht, steht die reservierte Menge anderen Belegen nicht zur Verfügung, beispielsweise durch Prüfungen in der automatischen Ausprägungszuweisung.
Hinweis:
Ist die Customizing-Funktion „Reservierungen“ nicht aktiviert, so entstehen keinerlei Ausprägungsreservierungsdaten, wenn nur der Artikel aber nicht die konkrete Ausprägung bekannt ist. Dies gilt auch für in Seriennummern geführte Artikel.
Ausprägungsreservierungen können bei den folgenden Belegtypen entstehen:
- Vertriebsauftrag
- Produktionsauftrag
- Lieferauftrag
- Kommission
- Verteilauftrag
- Lageranforderung
Lageranforderungen vom Typ „Einlagerung“ sowie Lagerort-interne Umlagerungen ohne Änderung des Bestandseigentümers erzeugen keine Ausprägungsreservierungen. Wird in einem Beleg ein in Ausprägungen geführter Artikel angegeben, aber ohne konkrete Ausprägung, dann erfolgt auch keine Ausprägungsreservierung.
Das folgende Beispiel zeigt die Entstehung von Ausprägungsreservierungen anhand von zwei Vertriebsaufträgen:
Beispiel:
Ein Lagerort weist für einen Artikel den folgenden Bestand auf:
- 350 St. der Charge 1
- 200 St. der Charge 2
Zwei Vertriebsaufträge für den Artikel werden erfasst:
- Der erste Vertriebsauftrag umfasst 200 St. mit Angabe der Charge 1.
- Der zweite Vertriebsauftrag umfasst 100 St. ohne eine konkrete Chargen-Angabe.
Durch die Vertriebsaufträge entsteht eine Ausprägungsreservierung von 200 St. von der Charge 1.
150 St. der Charge 1 und 200 St. der Charge 2 stehen somit weiterhin zur Verfügung.
Bei der Kommissionierung des zweiten Vertriebsauftrages erfolgt eine automatische Ausprägungszuweisung, bei der 100 St. der Charge 1 dem Vertriebsauftrag zugeteilt werden. Dadurch entsteht eine zweite Ausprägungsreservierung von 100 St. der Charge 1.
50 St. der Charge 1 und 200 St. der Charge 2 stehen somit anderen Aufträgen zur Verfügung.
Auch beim Erfassen von Materialbuchungen in der gleichnamigen Anwendung oder beim Import von Materialbuchungen können Ausprägungsreservierungen entstehen, wenn der Buchungsschlüssel vom Vorgang „Abgang“ (bei einer positiven Menge), „Zugang“ (bei einer negativen Menge) oder „Umbuchung Zugang“ (bei unterschiedlichen Quell- und Ziel-Lagerorten bzw. Quell- und Ziel-Bestandseigentümer) ist. Beim Vorgang „Umbuchung Zugang“ erfolgt die Ausprägungsreservierung nur für den Quell-Lagerort. Eine Ausprägungsreservierung wird also immer dann erzeugt, wenn es sich bei der manuellen Materialbuchung um einen tatsächlichen Abgang handelt.
2.2 Aufhebung der Ausprägungsreservierungen
Im Vertriebsprozess werden die Ausprägungsreservierungen erst dann aufgehoben, wenn die bei der Auslieferung resultierenden Materialbuchungen vom Lagerlogistik-Server abgearbeitet wurden. Wird ein Beleg storniert oder eine Ausprägung in einer Belegposition gelöscht bzw. geändert, für die eine Ausprägungsreservierung bereits durchgeführt wurde, dann wird die Ausprägungsreservierung wieder aufgehoben.
2.3 Berücksichtigung der Ausprägungsreservierungen
Ausprägungsreservierungen werden ausschließlich bei der automatischen Ausprägungszuweisung berücksichtigt. Die entsprechend gekennzeichneten Ausprägungsmengen werden von der automatischen Ausprägungszuweisung ausgeschlossen.
2.4 Anzeige der Ausprägungsreservierungen im System
In den Anwendungen „Cockpit: Bestände/Artikel“ und „Cockpit: Bestände/Ausprägungen“ werden die Mengen der Ausprägungsreservierungen pro Lagerort, Artikel und Ausprägung in der Spalte „Reservierte Menge“ angezeigt. Auch in der Anwendung „Verfügbarkeit abfragen“ werden die Ausprägungsreservierungen angezeigt. Jedoch dienen die angezeigten Mengen nur zur Information: Sie werden bei der Verfügbarkeitsabfrage nicht berücksichtigt.
Ausprägungsreservierungen werden in der Anwendung „Reservierungen“ nicht angezeigt und können dort auch nicht erzeugt werden.
2.5 Ausprägungsreservierungen und Reservierungen
Auch wenn Ausprägungsreservierungen bei einem Artikel existieren, kann nachträglich die Customizing-Funktion „Reservierungen“ aktiviert werden. Die bereits vorhandenen Ausprägungsreservierungsmengen werden dann nach wie vor als reservierte Mengen interpretiert und z. B. in der Anwendung „Cockpit: Bestände/Ausprägungen“ in der Spalte „Reservierte Menge“ angezeigt.
Beispiel:
Ausgangsdaten:
Bei einem Artikel sind Reservierungen ausgeschaltet, sein Bestand auf einem Lagerort beträgt 100 kg und eine Vertriebs-Auftragsposition wurde mit der Menge von 120 kg und einer Ausprägungsangabe erfasst.
- Anzeige in der Anwendung „Cockpit: Bestände/Ausprägungen“:
- Reservierte Menge: 120 kg
- Gesamtbestand: 100 kg
- Die Customizing-Funktion „Reservierungen“ wird aktiviert.
Anzeige in der Anwendung „Cockpit: Bestände/Ausprägungen“:
- Reservierte Menge: 120 kg
- Fehlmenge:
- Gesamtbestand: 100 kg
- (Der Bestand wird aber nicht automatisch „umreserviert“).
Hinweis:
Eine Fehlmenge wird nur angezeigt, wenn die Funktion „Reservierungen“ aktiv ist und darüber Bestand reserviert ist.
Führen Sie nach Aktivierung der Customizing-Funktion „Reservierungen“ die Hintergrund-Anwendung „Bedarfsdaten aktualisieren“ aus, um die Bestände automatisch zu reservieren. Ist bei der Vertriebs-Auftragsart die automatische Reservierung eingestellt, dann wird der Bestand durch diese Position komplett reserviert. Die Vertriebs-Auftragsposition erhält den Reservierungsstatus „Teilweise reserviert“.
- Anzeige in der Anwendung „Cockpit: Bestände/Ausprägungen“:
- Reservierte Menge: 100 kg
- Fehlmenge: 20 kg
- Gesamtbestand: 100 kg
Die Ausprägungsreservierung wurde also in eine Reservierung umgewandelt.
Beim Deaktivieren der Customizing-Funktion „Reservierungen“ werden Reservierungen am Ende der jeweiligen Prozesse aufgehoben, in neu angefangenen Prozessen entstehen dann ggf. Ausprägungsreservierungen.
2.6 Datenmodell
Die Ausprägungsreservierungen werden auf unterschiedlichen Ebenen analog zu den Bestandssätzen gespeichert (Business Object: com.cisag.app.inventory.obj.InventoryOnhandReservation).
Die Ausprägungsreservierungen werden pro Bestandseigentümer, Artikel, Ausprägung, Lagerort und Qualitätssicherungs-Status geführt, wobei der Qualitätssicherungs-Status fest auf „Freigegeben“ eingestellt wird. Das Attribut summaryLevel gibt dabei die für den Datensatz jeweils gültige Verdichtungsebene an.
Die folgenden Ebenen werden bei einer Ausprägungsreservierung erzeugt:
- Bestandseigentümer/Artikel/Lagerort/QS-Status und
- Bestandseigentümer/Artikel/Ausprägung/Lagerort/QS-Status
Hinweis:
Instanzen des Business Objects com.cisag.app.inventory.obj.InventoryOnhandReservation stehen in enger Beziehung zu Instanzen des Business Objects com.cisag.app.inventory.obj.InventoryOnhand (Bestandssätze). Zu jeder Instanz vom Business Object InventoryOnhandReservation existiert immer eine Instanz vom Business Object InventoryOnhand. Die Beziehung ist über das Schlüsselattribut „guid“ gegeben. Umgekehrt gilt diese Beziehung nicht. Das bedeutet, dass es für eine Instanz vom Business Object InventoryOnhand nicht unbedingt eine dazugehörige Instanz vom Business Object InventoryOnhandReservation geben muss. Dies liegt unter anderem daran, dass Instanzen vom Business Object InventoryOnhand für mehrere Ebenen existieren oder Reservierungsdaten erst später hinzugefügt werden können.
Die folgende Tabelle beschreibt die für die Ausprägungsreservierung relevanten Attribute im Business Object com.cisag.app.inventory.obj.InventoryOnhandReservation:
Attribut | Name | Erklärung |
guid | Schlüsselattribut | Eindeutiger Schlüssel einer Instanz dieses Business Objects. |
owner | Bestandseigentümer (Bestandteil des fachlichen Schlüssels) | Der Bestandseigentümer für den die Ausprägungsreservierung durchgeführt wurde. |
item | Artikel (Bestandteil des fachlichen Schlüssels) | Der reservierte Artikel. |
identifier | Ausprägung (Bestandteil des fachlichen Schlüssels) | Die reservierte Ausprägung. |
storageArea | Lagerort (Bestandteil des fachlichen Schlüssels) | Der Lagerort, an dem die Ausprägung reserviert wurde. |
qcStatus | Qualitätssicherungs-Status (Bestandteil des fachlichen Schlüssels) | Die Ausprägungsreservierungen werden pro Qualitätssicherungs-Status getrennt gespeichert.
Mögliche Qualitätssicherungs-Status sind: · Freigegeben · In Quarantäne · Gesperrt Belegen von den Belegtypen Vertriebsauftrag, Verteilauftrag und Kommission können nur Ausprägungen mit dem Qualitätssicherungs-Status „Freigegeben“ zugeordnet werden. Auch die automatische Ausprägungszuweisung ermittelt nur freigegebene Ausprägungen. |
summaryLevel | Ebene der Reservierung | Die reservierten Mengen einer Ausprägung werden auf den folgenden Verdichtungsebenen getrennt geführt:
· Bestandseigentümer/Artikel/ Lagerort/QS-Status · Bestandseigentümer/Artikel/ Ausprägung/Lagerort/QS-Status Die Ebene „Artikel/Ausprägung/Lagerort/QS-Status“ stellt die unterste Ebene der Ausprägungsreservierung dar. Die Mengen auf übergeordneten Ebenen entsprechen daher der Menge der untersten Ebene, summiert über die Ausprägung. Für in Seriennummern geführte Artikel wird nur die Kumulierungsebene Bestandseigentümer/Artikel/ Lagerort/QS-Status geschrieben. Hinweis: Ist die Customizing-Funktion „Reservierungen“ aktiviert, dann entsprechen die Mengen auf der Kumulierungsebene „Bestandseigentümer/Artikel/Lagerort/QS-Status“ nicht unbedingt der Summe über die Ausprägungsebenen. |
identifierReservationQuantity | Ausprägungsreservierungsmenge | Dieses Attribut enthält die Summe aller Ausprägungsreservierungsmengen. |
reservedQuantity | Reservierte Menge | Die reservierte Menge eines Artikels bzw. einer Ausprägung. Diese Menge wird nur dann verwendet, wenn die Customizing-Funktion „Reservierungen“ aktiv ist. Bei Ausprägungsreservierungen wird diese Menge nicht verwendet. |
In der Anwendung „Cockpit: Bestände/Ausprägungen“ wird in der Spalte „Reservierte Menge“ grundsätzlich die Summe der Attribute identifierReservationQuantity und reservedQuantity angezeigt.